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Rotation Prenzlauer Berg

Der Hockeyclub im Herzen Berlins

Nicht vom Beckenrand springen! Athletikcoach André Tietze auf Abwegen im Schwimmbad

Veröffentlicht von Andrej Oelze | Abgelegt unter Clubleben, News, Trainer

Es ist nicht nur die Jugendabteilung, die nach seiner Pfeife tanzt. Auch Damen und Herren feilen mit Backsteinen, Burpees und Sprints an ihrer athletischen Kondition. Dabei immer im Mittelpunkt: André Tietze! Das zweite Jahr ist André nun schon Athletiktrainer bei Rotation Hockey. Und der 30-Jährige dankt seinen „Schützlingen“ die engagierte Teilnahme am ungeliebten Kondi-Training mit bedingungsloser Loyalität: Als Rotation-Edel-Fan trägt er nicht nur bei Wettkampfspielen den „Schal in blau-orange“. Bei vielen Mannschaften besitzt er quasi eine Dauerkarte, sitzt auch bei Auswärtsspielen auf der Bank! Doch ein Sportwissenschaftler vom Kaliber eines André Tietze brennt natürlich nicht nur für Hockey. Sein Fußballherz ist blau-weiß und ganz Berlin, seine große Liebe gilt aber dem kühlen Nass! rotationhockey.de hat André mal einen Tag bei seinem Stammverein PSV Delphin begleitet!

Der Geruch von Chlor liegt in der Luft. Draußen vor der Tür schneidet der eisige Winter, im Reinickendorfer Paracelsusbad ist es schwül und warm. Die Ränge in Berlins einziger öffentlicher Schwimmhalle mit Tribünen sind voll mit Eltern. Teils engagiert, die Zeiten ihrer Sprösslinge stoppend, teils eher darauf bedacht, interessiert zu wirken. Unten, im und um das 25-Meter-Schwimmbecken mit seinen acht Bahnen, tummeln sich ihre Kinder. Es ist „Tag der kommenden Meister“. Eine Mammut-Schwimmveranstaltung für Kinder und Jugendliche, die deutschlandweit ihresgleichen sucht. Und die sich der Berliner Schwimmverein Polizei-SV Delphin regelmäßig leistet. Oder besser gesagt, die er stemmt. Jahr für Jahr, und das seit 1960. Vergangenes Wochenende kämpften wieder über 360 Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 15 bei der 58. Auflage dieses Wettbewerbs um richtige Medaillen in den Einzel- und um Pokale in den Staffelwettbewerben. 16 Berliner Schwimmvereine hatten für dieses Wasserspektakel 2017 angemeldet. Zudem zwei Clubs aus aus dem brandenburgischen Strausberg.

Mitten drin André Tietze, Jugendfachwart und gesamtsportlicher Leiter beim PSV Delphin. Gemeinsam mit seinem Stellverteter Benny Stegemann hat André den „Tag der kommenden Meister“ auf die Beine gestellt. Das funktioniert natürlich nur mit Helfern. 30 jugendliche und erwachsene Vereinsmitglieder legen Hand an beim Ausfüllen von Urkunden, beim Bekanntgeben der Wettkampfergebnisse oder bei der Verpflegung der jungen Sportler und ihrer Zuschauer.

Starts im Minutentakt

„Das ist alles aber auch hochoffiziell“, betont André die Bedeutung der Schwimmveranstaltung. Der Berliner Schwimmverband stellt die Kampfrichter. Sie nehmen die Zeit, legen im Zielgericht bei engen Entscheidungen die Reihenfolge im Zieleinlauf fest und prüfen Schwimmstil oder Wende auf Korrektheit. Letzteres mit Argusaugen: Rund 70 Disqualifizierungen 2017 unterstreichen die Ernsthaftigkeit des „Tages der kommenden Meister“.

Im Minutentakt gehen die Schwimmer auf die Startblöcke. Zeitgleich werden schon die nächsten Starter aufgerufen. Mit Geräusch- und Blinksignal entlässt die Startmaschine Schwimmer in ihren Wettkampf: 50 Meter, 100 Meter, Brust, Freistil, Schmetterling … – und los! Das ist richtige Fließbandarbeit unterstreicht André Tietze: „1.334 Einzelstarter und 75 Staffeln gehen an den beiden Tagen in den Wettbewerb.“ Das sind mal eben ein Viertel mehr Einzelschwimmer als im Vorjahr und 20 Prozent mehr Staffeln. Damit das an einem solchen Wochenende auch reibungslos klappt, geht’s nur mit der sogenannten doppelten Zeitnahme: Während unten der eine Schwimmer anschlägt und sein Rennen beendet, springt oben schon der nächste in seinen Wettkampf. Und das in 103 Einzel- und 12 Staffelwettbewerben in allen Lagen.

Auch bei den Siegerehrungen legt André Hand an. Mal trägt er das Tablett mit den Medaillen, mal gratuliert er den Siegern und mal beobachtet er aus dem Hintergrund. Beim „Tag der kommenden Meister“ ist André Mädchen für alles, muss klären, wo die Urkunden geblieben sind für diejenigen, die die Siegerehrung verpasst haben oder auch mal mit deutlichem Wort schlichten, wenn übereifrige Eltern die Trainer ihrer Kinder allzu hart angehen. André Tietze ist überall.

Egal ob Nachwuchs oder Wettkampfschwimmer – für jedermann da

Dieses Engagement ist André in die Wiege gelegt: „Mein Urgroßvater war auch schon Schwimmer im PSV. Er hat Polizeiuniformen genäht.“ So bekam Andrés Uropa Zugang zum damaligen Sportverein der Ordnungshüter. Heute ist der Polizei-SV offen für alle. Rund 650 Mitglieder zählt der Schwimmverein in diesen Tagen, ein Großteil Jugendliche. André ist seit Herbst 1994 PSVler. Mittlerweile kümmert er sich im Verein nicht nur um die Wettkampfschwimmer, sondern auch um die Nichtschwimmer und den Nachwuchs. Wenn André davon erzählt, glänzen seine Augen vor Enthusiasmus. Über seine eigenen Erfolge redet André Tietze dagegen kaum. Dabei ist er in etlichen Bestenlisten des Vereins vertreten, hielt für kurze Zeit sogar den Vereinsrekord über 50 Meter Freistil und hat erfolgreich an Berliner Meisterschaften teilgenommen.

Inzwischen ist es Sonntag kurz nach Mittag. Nach zwei intensiven Wettkampftagen, über 300 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen und 100 Siegerehrungen später, leert sich das Paracelsusbad, das der PSV Delphin neben einem weiteren Reinickendorfer Schwimmverein exklusiv nutzen darf, langsam. Nach der letzten Siegerehrung beginnen die Veranstalter sofort mit dem Abbau. Und obwohl André an beiden Tagen vor 8 Uhr auf der Matte stand, hat er jetzt noch lange keinen Feierabend. Mit den Helfern geht’s erst einmal zum gemeinsamen Essen, ein Dankeschön für das Engagement. Und dann ist da ja auch noch das nächste Jahr: „Die Planung für den neuen Wettbewerb beginnt nach dem letzten Zieleinlauf“, hält André fest. Und nicht einmal jetzt eine Spur von Erschöpfung.

© Fotos 1, 2 & 4: André Tietze · PSV Delphin 1889
© Foto 3: Markus Hübner · PSV Delphin 1889

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Veröffentlicht am 27. Januar 2017 um 16:38 Uhr

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