Längst sind die Tage angebrochen, an denen die Uhrzeit bereits am Spätnachmittag nicht mehr am Stand der Sonne abzulesen ist. Höchste Eisenbahn also für alle Hockeyfanatiker, sich ernsthaft auf die Hallensaison vorzubereiten. Eine seit Jahrzehnten beliebte Gelegenheit dafür bietet das Wilhelm-Höcker-Turnier in Güstrow, das in diesem Jahr schon zum 55. Mal stattfand. Letztes Jahr waren die Rotationerinnen ja nicht am Start (ich hab mich allerdings prächtig mit den Leipziger „Eulen“ amüsiert). Ein Grund mehr also, sich mal wieder in Güstrow sehen zu lassen.
Ein kleiner, aber feiner Trupp machte sich in der frühmorgendlichen Kälte (da mussten tatsächlich Scheiben frei gekratzt werden!) auf in den Norden und ich durfte dazu „Vadderns bestes Stück“ (sein Auto!) chauffieren. Erstaunlich, wie schnell man sich mit 180 km/h anfreundet, wenn das gewohnte Motorgrummeln und Windrauschen partout nicht aufkommen will! Nun hatten wir in der Gruppenauslosung nicht eben Glück gehabt, mit den Teams aus Osternienburg und Leipzig-Lindenau standen gleich zwei der letztjährigen Halbfinalisten auf unserem Spielplan. Nach einer kurzfristigen Absage und der Aufstockung unserer Gruppe kam mit Z88 ein weiterer schwerer Gegner hinzu (Viertplazierter des Vorjahres), wir befanden uns gewissermaßen in der „Todesgruppe“, um hier mal etwas zu überdramatisieren.
Es ging im ersten Spiel des Tages auch gleich mit der Partie gegen Z88 los. Die Mädels spielen Regionalliga und waren einfach deutlich schneller als wir in all ihren Aktionen. So fiel das 0:1 relativ früh im Nachschuß, das 0:2 nach einer Ecke und das 0:3 nach einem Solo (dieser Schuß war allerings haltbar). Wir wehrten uns nach Kräften, allerdings fehlte unseren Pässen die Präzision und Härte. Viele Bälle gingen unbedrängt an den Gegner verloren und dann fehlt auch das Quäntchen Glück. Als Angie die Kugel in die Maschen drosch, hatte der Schiri etwas dagegen (hohes Anspiel, Ball geschlagen … wir wissen es nicht). Stattdessen fiel noch das 0:4 für die „Zetties“, nachdem mich die Stürmerin schwungvoll umkurvt und aus spitzem Winkel eingenetzt hatte. Kurz vor Spielende gelang uns noch der Ehrentreffer durch Lisa.
Gut, man kann schlechter starten, aber natürlich wollten wir uns im nächsten Spiel verbessern. Wie schön, dass der Gegner dort Osternienburg hieß! Auf deren Visitenkarte steht: Bundesligist, letztes Jahr zweiter Platz in Güstrow und Auszeichnung für die beste Torfrau – für mich der Turnierfavorit (zu Recht, s.u.). Wir hatten also nix zu verlieren … ausser dieser Partie. Insgesamt konnten wir unser Spiel zwar verbessern. Die Geschwindigkeit wurde höher, die Pässe besser, ich konnte einige Bälle parieren. Das alles aber war noch nicht genug. Ein Ablegertor (die kommen ja zum Leidwesen von uns Goalies in der Halle öfter vor), ein Strahl unter meinen Schonern hindurch und eine Ecke ins Dreiangel besiegelten unsere 0:3-Niederlage. (Die Eckenperfektion der O´burgerinnen bedauert man sicher auch in Güstrow, denn sie entschied später das Halbfinale zu Ungunsten des ATSV). Allzu oft verloren wir erneut den Ball im Spielaufbau, ließen Pässe durch die Mitte zu und erzeugten viel zu wenig Druck auf den O´burger Kasten. Nur einmal konnten wir den Ball an der Trofrau vorbeischummeln, aber ach – da lag noch ein Verteidigerbrett im Weg. Zumindest sah das alles schon viel besser aus und wir hätten ebenso gut 0:7 verlieren können (immer schön positiv bleiben).
Dann kam die bei solch großen Turnieren obligatorische lange Spielpause. Gelegenheit, den Herren aus KW zuzuschauen (immerhin mit 3 Rotationern und unserem Coach Daniel in ihren Reihen), die ein oder andere Fluppe zu qualmen, Furage zu kaufen oder ins Land der Träume abzudriften. Vor dem Abendbrot standen dann noch zwei Spiele an, zunächst gegen Phönix Lübeck. Zusammen mit Potsdam vertraten sie die Verbandsliga in unserer Gruppe, waren also Außenseiter. Und siehe da, plötzlich klappte unser Zusammenspiel besser, kamen knackige Pässe auf die Vorhand und es war mehr Zug im Spiel. Die Tore fielen nach Alleingängen, Doppelpässen oder Ablegern, 5 Mädels trugen sich in die Torjägerliste ein (Hattrick für Angie!) und Lübeck wurde 9:1 versenkt. Dennoch kratzt der Gegentreffer ein wenig an meinem Ego, denn ich verlor den Wettlauf Stürmer vs Goalie um einen freien Ball am Kreisrand – Mist, Shutout dahin! Und dann kam gewissermaßen das Schlüsselspiel gegen die Leipzigerinnen, die so wie wir in der Oberliga zu Hause sind und mit Lisa Miebach eine spielstarke Ex-Rotationerin im Team haben. Es wurde dann auch das erwartet enge Spiel. Das 0:1 für die Messestädterinnen fiel aus spitzem Winkel als meine Kelle einfach nicht schnell genug unten war. Durch Schnetti kamen wir zum Ausgleich und dann stand das Spiel lange auf der Kippe. Chancen auf beiden Seiten und manch ein Zuschauer mochte sich schon auf ein Remis eingerichtet haben … zu früh, denn Leipzig konnte noch zwei Mal einnetzen und uns so in die untere Hälfte unserer Gruppe verbannen. Schade!
Wer ein paar Mal in Güstrow war, kennt die Wege: Sporthalle – Jugendherberge – StuK – Anschlagen und zurück. Nach dem leckeren Abendmahl (Sauerkraut- und Pommes-Liebhaber kamen voll auf ihre Kosten) also auf zum Nachtquartier, die Organisation dort durcheinandergebracht, Sachen abgelegt, Betten bezogen und dann auf zur Fete. Dort angekommen stellen wir fest: um 22 Uhr ist noch tote Hose, dafür aber freie Platzwahl und viel Freiraum an der Theke. Das sollte sich schnell ändern und erinnerte mich, wie ich mir schon letztes Jahr fest vorgenommen hatte Ohrenstöpsel mitzubringen. Denn ja, auch mit wäre die Musik deutlich zu hören gewesen. Über die Musikwahl kann man nicht viel meckern, mir ging nur die „VerDJung“ vieler Songs auf den Keks. Wenn schon ein Lied kommt, zu dem man abhotten möchte, sollte wenigstens die Chance da sein noch vor Ende des Titels die Tanzfläche zu erreichen. Für meinen Geschmack wurden zuviele Songs nur angespielt und mit der nächsten Nummer überblendet. Aber die Disco war knüppeldicke voll, die Party ein absoluter Erfolg. So gegen 2 Uhr stellte sich dann die Frage, ob die zurückgewonnene Winterstunde Tanz und Trunk oder besser doch dem Schlaf gewidmet werden sollte. Zu viert entschieden wir uns für Letzteres und auch die Tänzer sollen ca. 2 Stunden später (nicht eben leise) gefolgt sein.
Der Sonntagmorgen bescherte uns ein frühes Aufstehen, gefolgt von leckerem Frühstück und in der Halle warteten die Potsdamerinnen auf uns. Sie spielen zwar „nur“ Verbandsliga, hatten aber (im Gegensatz zu uns) immerhin 2 Tore gegen O´burg erzielt, ein ernstzunehmender Gegner also. Ohne Caro und Lisa hatte sich der Kader verkleinert und wir begannen im Fünferwürfel. Nach ausgeglichenem Beginn konnten wir allmählich die Regie übernehmen und die Partie zumindest „lübeckähnlich“ gestalten. Fast alle Mädels steuerten ein Tor bei, Potsdam kam zu einem (aus Goalieperspektive) unnötigen Ehrentreffer und wir fuhren einen relativ ungefährdeten 6:1-Sieg ein. Der bescherte uns dann Platz 4 und ein Spiel gegen den Vierten der Parallelgruppe, die Damen aus Königs Wusterhausen (sozusagen Daniels Heimverein). Wieder hieß es also Oberliga gegen Verbandsliga, das war auf dem Parkett allerdings nicht wirklich zu erkennen. Beide Teams schenkten sich nix, wir schossen ein mickriges Tor mehr als die „KWerinnen“ (beide Treffer durch Angie?), wehrten einen 7er ab und mussten bis zum Schlußpfiff zittern.
Am Ende stand nach diesem 2:1-Erfolg Platz 7 von 11 auf der Habenseite (wir waren also zumindest um einen Platz besser als die „rotationsunterwanderten“ KWer Herren), niemand hat sich verletzt (ich hatte nicht mal Rückenaua, das kann nur an Daniels Stabis liegen!) und es hat uns spielerisch sicher Einiges gebracht. Ausserdem konnten wir zahlreiche alte Bekannte begrüßen, was wollen wir mehr? Genau dafür kommen wir ja nach Güstrow, stimmts? Und während sich die Osternienburger Damen anschickten, erstmals den Pokal zu holen (was hab ich gesagt?) und die Herren des MHC ihren Titel verteidigten, juckelten wir in unserer Luxuslimousine und bei schönstem Herbstgold zurück nach Berlin. Ich für mein Teil habe da schon beschlossen, nächstes Jahr wieder nach Güstrow zu reisen und es besser zu machen – und ich werde wieder die Ohrstöpsel vergessen!
Im ersten Rotationer Halleneinsatz: Angie, Caro, Charly, Eefje, Lisa, Maike, Sari, Schnetti, Tina & Daniel
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