„Sechs Jahrzehnte Hockey in Prenzlauer Berg: Herzlich willkommen auf unserer Geburtstagsfeier!“ Mit diesen Worten begrüßte Michael Hug die Clubmitglieder und ihre Gäste anlässlich des diesjährigen Sommerfestes auf dem Hockeyplatz der SG Rotation. Der Abteilungsleiter nahm das 60-jährige Bestehen der Sparte zum Anlass, einen Blick auf die bewegte Geschichte des Hockeysports im Berliner Kiez Prenzlauer Berg zu werfen.
Es war Willi Cornelius, der 1954 die Hockeysparte gründete. Da er selber damals Volkspolizist war, fand sich die Hockeyabteilung dann auch in der Sportgruppe Dynamo Berlin Mitte wieder. Diese war, wie viele der Dynamo-Gruppen in der DDR, in Trägerschaft der Volkspolizei. Ende der 60er Jahre entzog die DDR-Sportführung dem Hockeysport aber die Förderung und so verlor auch die SG Dynamo bald darauf das Interesse an dieser Abteilung. Ein neues Zuhause fand sie 1979 bei Rotation, der Betriebsportgruppe (BSG) der Druckereien. Auch das heutige Vereinslogo leitet sich übrigens von den namensgebenden Rotationsdruckmaschinen ab. In der Folge sank der Stellenwert des Hockeysports in der DDR weiter, die BSG Rotation konnte aber überleben, weil ihr Hockeyplatz zu den besten in der DDR zählte. So fanden dort u. a. Länderspiele gegen die ?SSR (1963), gegen China (1982) sowie 1988 gegen die indischen Damen statt.
Erst der Mauerfall 1989 brachte neue Perspektiven. Mit dem Beitritt zum Berliner Hockey-Verband und zum DHB im Oktober 1990 erfolgte auch die letztmalige Umbenennung in SG Rotation Prenzlauer Berg e. V. Maßgeblich an diesem Zusammenschluss beteiligt war neben dem damaligen Abteilungsleiter Werner Schubert, der die Geschicke der Hockeysparte fast zwanzig Jahre bis 1993 lenkte, auch Frank Haustein. Das Rotation-Urgestein war von 1986 bis zu dessen Ende 1990 Vizepräsident im Deutschen Hockey-Sportverband der DDR. 1993 übernahm Haustein von Schubert die Leitung der Hockeysparte und gründete ein Jahr später die Elternhockeymannschaft Schlenzelberger. Seitdem ist der Name Haustein untrennbar mit Rotation verbunden. Ebenfalls 1993 begann seine Frau Bettina die Damenmannschaft zu leiten (die Frank nach vier Jahren übernahm) und betreute bis 2002 auch den Nachwuchs. Zudem waren ihre Kinder Janka und Doreen (die 1990 als Rotationierin sogar zweimal das Trikot der DDR-Nationalmannschaft trug) in den 90er und 2000er Jahren Übungsleiterinnen der Rotation-Jugend.
Heute ist Rotation ein Mehrspartenverein, Hockey dabei neben Fußball die größte der insgesamt sechs Abteilungen. Das war nicht immer so: Noch 2002 spielten hier nur 134 Mitglieder Hockey. Dank des Einsatzes engagierter Mitglieder in Schulen und Kitas stiegen die Mitgliederzahlen jedoch bald wieder und hatten sich schon acht Jahre später wieder verdoppelt. Heute zählt der Verein stolze 425 Mitglieder – weit über die Hälfte davon unter 18 Jahre alt. Und denen wird einiges geboten – wie das jährliche Hockeycamp in Jena, mit der diesjährigen Rekordteilnahme von fast 100 Rotation-Jugendlichen.
Und eigentlich könnte Rotation auch weiter wachsen. Denn den Stadtteil prägen Zuzüge von überall her. Gerade die älteren Jugendjahrgänge könnten Nachwuchs vertragen, sind sie doch als Altlast der Wende schwach (U16) bis gar nicht (U18) besetzt. Dies aber lässt die sportliche Infrastruktur des Bezirks kaum zu. Der Naturrasen auf der Heimspielstätte an der heutigen Ella-Kay-Straße ist nicht mehr wettkampftauglich, aktuell soll der bezirkseigene Platz im kommenden Jahr einen Kunstrasenbelag bekommen.
Der Vorstand bringt die Hockeysparte von SG Rotation währenddessen weiter auf Kurs. Neben dem 2006 engagierten hauptamtlichen Trainer Robert Kanold sowie der FSJ-Stelle, die 2013 geschaffen wurde, sind auch die rund 60 ehrenamtlichen Helfer, die als Übungsleiter, Mannschaftsbetreuer oder Schiedsrichter bei Rotation anpacken, eine entscheidende Stütze. „So können wir gemeinsam mit unseren Honorartrainern das Training auf vier Plätzen und im Winter in acht Hallen sicherstellen“, verweist Ulrike Bock, Jugendwartin bei Rotation, auf das notwendige Organisationsgeschick. Denn auch die Wintersaison hat ihre Problematik: Die vom Bezirk zugeteilte Halle, erst 2002 eingeweiht, ist seit vier Jahren gesperrt – Einsturzgefahr! Seitdem schwelt zwischen dem Bauherrn (dem Bezirk) und den Architekten ein Gerichtsstreit mit bisher offenem Ende.
So sind die sportlichen Erfolge fast schon kleine Wunder. Das Damenteam spielt mittlerweile wieder in der Regionalliga und die Mädchen B wurden Anfang des Jahres Berliner und Ostdeutscher Hallen-Vizemeister. Und obwohl die Herren seit einigen Jahren an die Oberliga anklopfen, den Aufstieg aber zuletzt immer wieder verpassten, sind sie zu einer angesagten Adresse für ambitionierte Spieler mit Erfahrung in der Bundesliga oder in ausländischen Spielklassen geworden. Und auf vielen Turnieren bundesweit halten die Schlenzelberger die orange-blaue Fahne hoch – wie zuletzt beim DHB-Elternhockey-Festival im HockeyPark. Weit über die Berliner Landesgrenzen hinaus hat sich Rotation zudem durch Jugendevents wie den Abrafaxe-Cup und den Werner-Schubert-Pokal (Halle) sowie die Weltenbummler-Trophy (Feld) einen sehr guten Ruf als Turnierorganisator gemacht.
„Heute ist die SG Rotation Prenzlauer Berg ein richtiger Mitmachverein“, freut sich Robert Triebel, Sportwart der Hockeyabteilung der Berliner, und verweist nicht ganz ohne Stolz darauf, dass Rotation auch der nach Mitgliedszahlen größte Hockeyverein der ehemaligen DDR sowie der leistungsstärkste Verein aus dem Osten Berlins ist.
© alle Fotos: Archiv SG Rotation Prenzlauer Berg. Der Artikel erschien in der Ausgabe Nr. 32 der Deutschen Hockey Zeitung vom 25. September 2014. Und wer die DHZ vier Wochen kostenlos Probe lesen möchte (Abo endet automatisch), schreibt der DHZ-Redaktion einfach mal eine Mail.
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