Von Dynamo zu Rotation – Geschichten über Vereinsstammbäume von Hockeyvereinen in der DDR

Von Dynamo zu Rotation – unser Vereinsstammbaum

und historische Hintergründe der Geschichte der Vereinsnamen in der SBZ/DDR

Wenn ich mich auf Hockey-Zeitreisen begebe werde ich immer wieder mit der wechselvollen Geschichte der Vereinsamen von Sportvereinen  in der DDR konfrontiert. Wer mit eintauchen möchte:

Unser Verein SG Rotation Prenzlauer Berg kann –wie wohl alle Sportvereine der ehemaligen DDR- bei einem Rückblick in die eigene Vereinsgeschichte auf wechselnde Vereinsnamen zurück blicken. 

Gegründet wurden wir 1954 als SG Dynamo Berlin Mitte aus der dann 1955 die SG Dynamo „Helmut Just“ wurde. 1965 wechselten wir dann zur SG Dynamo Hohenschönhausen Berlin und 1969 zur BSG Rotation Prenzlauer Berg Berlin aus der schließlich mit der Wiedervereinigung unser heutige  SG Rotation Prenzlauer Berg Berlin  e.V. wurde  Beim Schreiben von Chroniken kommt man nicht umhin in alten Zeitungen, Zeitschriften ect. zu recherchieren. Dann werden diese „offiziellen“ Namenswechsel noch durch „journalistische Ungenauigkeiten“ überlagert. So wurde in der DDR unsere SG Dynamo Hohenschönhausen Berlin sehr  häufig zu Dynamo Berlin (wohl wissend, dass es in Ostberlin sehr viele Dynamo-Vereine gab) und aus der SG Rotation PB Berlin wurde kurzerhand Rotation Berlin (obwohl es in Ostberlin zahlreiche Rotationsvereine gab.)   Nach der Wende paarten sich diese journalistischen Ungenauigkeiten mit fehlendem Wissen über geografische Gegebenheiten. So wurde aus unserer SG Rotation Prenzlauer Berg Berlin in der DHZ (Deutsche Hockey Zeitung) häufig Rotation Prenzlau (in Unkenntnis, dass Prenzlau eine nördlich von Berlin gelegene Kreisstadt in der Uckermark ist und der Prenzlauer Berg ein Ortsteil im Berliner Bezirk Pankow ist.

Gegenwärtig plant die DHZ einen Beitrag über die DDR-Feldhockeymeister Damen und Herren. Bei meinen Zuarbeiten zu diesem Artikel musste ich mich gleichfalls mit der wechselvollen Namensgeschichte der DDR-Feldhockeymeister beschäftigen. Bei Wikipedia

( https://de.wikipedia.org/wiki/DDR-Hockeymeister  ) fand ich solche Vereinsstammbäume von DDR-Hockeyvereinen. Die Nennung dieser Vereinsstammbäume ist auch deshalb wichtig, weil diejenigen, die mit der DDR-Hockeygeschichte nicht vertraut sind, oft nicht wissen werden welchen  heutigen Vereinen die DDR-Hockeymeister zuzuordnen sind.

Dafür zwei Beispiele:

ASW Leipzig ist vielfacher DDR-Meister bei den Frauen gewesen. Heute heißt dieser Verein unter Bezug auf seine historischen Wurzeln Leipziger SC 1901

zweites Beispiel

Die BSG Lok Pankow Berlin steht in einer Traditionslinie mit der BSG Tiefbau Berlin, aus der nach der Wende die heutig SV Blau Gelb Berlin hervorging

 

Nachstehend finden Interessenten die Vereinsstammbäume anderer ausgewählter DDR-Hockeyvereine sowie Ausführungen zum historischen Hintergrund der wechselvollen Geschichte  der Vereinsnamen in der DDR:

 

Vereinsstammbäume ausgewählter Ostdeutscher Hockeyvereine

Autoren: Dr. Günther Conradi, Dr. Frank Haustein                   Bearbeitungsstand: 06.07.2020

 

In der sowjetischen  Besatzungszone und in der DDR wechselten Vereine, denen die Hockeysektionen (Hockeyabteilungen) angehörten,  häufig ihre Namen. Eigenständige Hockeyvereine gab es in der DDR nicht. Nach der Wende erfolgten erneut Namensänderungen, häufig mit Bezug auf traditionelle Vereinsnamen aus der Zeit von vor 1945. Um die Traditionslinien der Vereine und namentlich auch die heutige Vereinsbezeichnung unter Bezug auf die Vereinsbezeichnung in den Jahre von 1945 bis 1990 sichtbar zu machen, werden im folgenden exemplarisch Vereinsstammbäume von Hockeyvereinen aus Ostdeutschland vorgestellt.

 

  1. Vereinsstammbäume der DDR-Feldhockeymeister Damen und Herren

 

Vereinsnamen in der Zeit bis 1990 in zeitlicher Aufeinanderfolge Vereinsnamen nach 1990
aus Sachsen:
SG Probstheida / BSG „Erich Zeigner“ Leipzig / BSG Einheit Leipzig Ost / BSG Einheit Leipzig Zentrum heute ATV Leipzig 1845
SG Lindenau Aue/ BSG Konsum/ ZSG Industrie Leipzig, Abt. Konsum  / BSG Empor Lindenau Leipzig / SV Lindenau 1848     Leipzig  

heute HC Lindenau  Grünau Leipzig

SG Schleußig/ ZSG Industrie Leipzig, Abt. Lindenau Hafen/ BSG Aufbau Südwest Leipzig heute Leipziger SC 1901;

 

 

ZSG Industrie Leipzig, Abteilung Mitte/ BSG Stahl Südwest Leipzig/ BSG Motor LES Leipzig / BSG Stahl LES Leipzig / BSG Empor Zentrum Leipzig heute nicht mehr existierend
BSG Medizin Leipzig heute nicht mehr existierend
BSG Rotation Südost Leipzig/ SC Rotation Leipzig/ SC Leipzig heute nicht mehr existierend
aus Sachsen Anhalt
SG Union Köthen / BSG Stahl Köthen / BSG Motor Köthen heute Cöthener HC 02;

 

BSG Traktor Osternienburg heute: Osternienburger HC Schwarz-Weiß;
BSG Aufbau Börde Magdeburg und dann durch Austritt von Spielern aus der BSG Aufbau Börde in die neu gegründete BSG Lok Magdeburg (beide Vereine existierten bis zur Auflösung der BSG Aufbau Börde Magdeburg parallel) heute: Magdeburger SV Börde 1949
BSG Chemie Leuna heute: TSV Leuna 1919
aus Mecklenburg/ Vorpommern
BSG Einheit Rostock / HSG Wissenschaft Rostock heute: HSG Uni Rostock
BSG Einheit Schwerin/ BSG Lok Schwerin heute: Schweriner SC
aus Thüringen
BSG Mechanik Jena /BSG Motor Jena / BSG Motor Carl Zeiss Jena / SV Carl Zeiss Jena

heute: SSC Jena

SC Motor Jena heute nicht mehr existierend
aus Ostberlin
SC Weißensee/ SG Weißensee/ BSG Lok Pankow/ BSG Tiefbau Berlin heute: SV Blau Gelb Berlin

 

2, Historischer Hintergrund der Geschichte der Vereinsnamen in der SBZ/DDR

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden in der sowjetischen Besatzungszone, dem späteren Gebiet der DDR durch Weisung der sowjetischen Militäradministration 1945 alle Sportvereine aufgelöst. Nachdem der Hockeysport ab ca. 1946 wieder in Gang kam, wurden die Vereine einer „Trägereinrichtung“  zugeordnet. Trägereinrichtungen waren Volkseigene Betriebe oder staatliche Institutionen, welche Sporteinrichtungen finanziell und logistisch unterstützten.

Die Art der Trägereinrichtungen ist wie folgt zu erkennen:

BSG – Betriebssportgemeinschaft (Zuordnung zu einem Volkseigenen Betrieb)

ZSG  – Zentralsportgemeinschaft (Zusammenschluss mehrerer BSGs)  

SG   –  Sportgemeinschaft (Zuordnung zu einer kommunalen Trägereinrichtung oder einer  

            staatlichen Institution (z.B. SG Dynamo)

SSG –  Schulsportgemeinschaft (Zuordnung zu einer Schuleinrichtung, nur bei den Alters-

            klassen der Jugend und Kinder)

HSG – Hochschulsportgemeinschaft (Zuordnung zu einer Universität oder Hochschule)

SC   -Sportclub (Im DDR-Sportsystem speziell geförderte, leistungssportlich orientierte   Clubs (mehr zu Sportclubs mit Hockeysektionen s. unten)

 

Die  Vereinsnamen selber lassen auf die konkreten Trägereinrichtungen schließen. So findet man bei Wikipedia z.B., dass Vereine mit dem Namen Rotation  „Trägerbetriebe „aus der polygrafischen Industrie und dem Verlagswesen hatten.  Von den Rotationsdruckmaschinen leitete sich sowohl der Vereinsname wie auch das Logo (siehe oben) ab. Mehr zu dem Bezug von Vereinsnamen und Trägerbetrieben ist zu finden unter dem Link:  https://de.wikipedia.org/wiki/Betriebssportgemeinschaft#Betriebssportgemeinschaften_in_der_DDR

Eine –wenn man so will-  Sonderstellung nehmen die Sportclubs (SC) ein.  Sportclubs waren im DDR-Sportsystem speziell geförderte, leistungssportlich orientierte   Vereine. In Sportclubs wurden die besten Aktiven jeweiliger Sportarten durch „Delegierung“ aus ihren Heimatvereinen konzentriert. Hockeysektionen bestanden in der DDR bei den Sportclubs zwischen 1954 bis 1969. Es existierten Hockeymannschaften beim SC Rotation Leipzig (ab 22.3.1963) als SC Leipzig) und beim SC Motor Jena sowie kurzzeitig beim SC Turbine Erfurt und beim SC Aufbau Magdeburg. Ein Analysematerial des DHSV der DDR weist für den Zeitraum 1960 bis 1964 folgende Delegierungen von Spitzenspielern aus deren Heimatvereinen  zum SC Motor Jena und zum SC Leipzig aus:    

 

zum SC Motor Jena zum SC Leipzig
1960 1 5
1961 5 7
1962 10 8
1963 10 8
1964 10 10

 

 

 

Frank Haustein

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