Die coronabedingte Hockeyflaute fülle ich für mich mit Hockey-Zeitreisen. Diese Hockey-Zeitreisen sind für mich immer wieder mit spannenden Episoden verbunden – dieses Mal geht die Reise nach Osternienburg, der ostdeutschen Hockeyhochburg.
Es geht um die Geschichte der Technik des „Brettlegens“ im Hockey
Roland Messinger – Osternienburger Hockeychronist und Zeitzeuge berichtet:
Vorbemerkung;
Im Februar 2019 hatte ich bei meinen Hockeyzeitreisen einen Blick auf die Geschichte des Brettlegens geworfen: Hockey – eine Zeitreise Teil XXI: Hallenhockey – das Brett wird gelegt | Rotation Prenzlauer Berg (rotationhockey.de)
Mein Intension war es u. a. den Einfluss der Entwicklung der Hockeykufe (von der langen Kufe zur kurzen „indischen Kufe“ und später der „J“ und der „U“ Kufe) auf die Entwicklung von Hockeytechniken sichtbar zu machen. Der Osternienburger Hockeychronist Roland Messinger sandte mir nun einen weiteren Baustein dieser Geschichte. Roland Messinger machte bei der nachfolgenden Geschichte auch darauf aufmerksam, dass ab Ende der 1960-er Anfang der 1970-er Jahre bereits die meisten Osternienburger Hockeyspieler mit der relativ kurzen indischen Hockeykufe spielten. Mit dieser kürzeren indischen Kufe wurde das Rückhand-Brettlegen möglich (wie übrigens auch andere Techniken, so dass Rückhandschlenzen. In Osternienburg war 1968 der indische Trainer Kishan Lal tätig, der das RH-Schlenzen mit der aufgestellten spitzen Kufe trainierte.)
Roland Messinger schreibt mir folgendes:
da die Geschichte mit dem Brettlegen offensichtlich heute noch interessiert, habe ich meinen Vater (Anmerkung von Frank Haustein: Ernst Messinger ist der „Vater“ der Osternienburger „Hockey-Leistungsschmiede“ vorhin noch einmal gefragt, wie er auf so eine abstruse Idee mit diesem Brettlegen kam. Er erzählte es so: Osternienburg musste damals (Anmerkung: Frank Haustein: „damals“ das war in der zweiten Hälfte der 1960-er Jahre) in Wittenberg auf dem dortigen Sandplatz gegen eine nicht besonders gute Mannschaft dieses Vereins spielen. Die Wittenberger hatten einen Libero der weder technisch noch spielerisch überdurchschnittlich begabt war. Er hatte aber eine ganz besondere Eigenheit. Bei gegnerischen Angriffen schmiss er sich ähnlich eines Torwarts vor die Osternienburger Stürmer, so dass für sie kein Verbeikommen war. Dabei lag der Schläger, mit dem er die Bälle abfing, in gerader Linie auf dem Boden, so dass er, egal wie die Stürmer es anstellten, stets den Ball mit der gesamten Längsseite seines Schlägers angeln konnte. Diese Beobachtung ließ meinem Vater im Nachhinein keine Ruhe. Fortan versuchte er daraus eine Technik zu entwickeln, die man in dieser Art und mit dem gleichen Effekt im Spiel anwenden kann.
Heinrich Schmidt … „Ihm“ brachte er jetzt bei, den Schläger blitzschnell herunterzulegen, wenn Stürmer an ihm vorbei kommen wollten. Er hatte wie kein anderer das Talent und die physischen Voraussetzungen dazu. Außerdem besaß er eine stoische Ruhe und Ausgeglichenheit. Heinrich übte sich diese Technik allein an einer Wand ein. Ich war selbst noch Augenzeuge. Manche Tage sah man nur ihn stundenlang auf dem Platz, um diese Technik bis zur Vollkommenheit auszufeilen. Nur wenige, ich möchte fast sagen keiner, beherrschte diese Technik am Ende so wie er. Er spielte in Osternienburg den Part im Mittelfeld, mit dem Effekt, dass so gut wie jeder Angriff der gegnerischen Mannschaft von ihm abgefangen wurde und die Stürmer aus dieser Situation heraus sofort zu Kontern ansetzen konnten.
Das war, wenn man so will, eines der Geheimrezepte der Osternienburger Spielweise und der daraus resultierenden Erfolge.
„Ein“ Spieler in Osternienburg mit ähnlichen Veranlagungen setzte das in noch perfekterer Ausführung nach der Wende fort. Das war Matthias Nagel, der dafür sogar die Länge seines Schlägers veränderte und somit eine unglaubliche Reichweite rechts, wie links erreichte.