Zur Geschichte des Hallenhockey

Die Hallensaison 2022/23 hat begonnen. Das ist für mich ein willkommener Anlass, um einen  Blick auf die Geschichte des Hallenhockeys zu werfen.

Die Geburtsstunde des Hallenhockeys liegt vermutlich im Jahr 1909. Damals standen sich am 7.2.1909 anlässlich eines Hallensportfestes des Verbandes Berliner Athletik Vereine in der Ausstellungshalle am Zoologischen Garten in Berlin die Hockeymannschaft des B.F.C. Preußen Berlin und eine repräsentative Mannschaft des Berliner Hockeyverbandes gegenüber.

Hallenhockey blieb jedoch bis Ende der 1930-er Jahre eine Randerscheinung. Erst die außergewöhnlich harten und langen Winter Ende der 1930-er und Anfang der 1940-er Jahre und die dadurch bedingten Zwangspausen im Feldhockey förderten die Idee Hockey regelmäßiger in der Halle zu spielen.                                         

 Hockey lieber in der Halle statt im Schnee. „Im Schnee“    wurde mit einem roten Ball gespielt.

Maßgeblich wurde diese Entwicklung hin zum Hallenhockey in den Wintermonaten von Toni Seiler forciert, der zur damaligen Zeit Hockey-Reichstrainer war. Ihm gelang es im Winter 1938/39 erstmalig Hockeyunterricht in der großen Polizeihalle in Berlin durchzuführen. Für die Berliner Vereine war in diesem Winter eine Wehrmachtshalle am  Poststadion zu bekommen. Allerdings waren es nur kleine Vereine im Nordwesen Berlins, die dort am Spielbetrieb teilnehmen.

In der Wintersaison 1939/40 wurden dann wohl erstmals  vereinsübergreifende Rundenspiele organisiert, so entnehme ich der  Monatszeitschrift „Leibesübungen und Jugendpflege des 18. Berliner Bezirks“ Jahrgang 1939, Bd. 5, April 1940). Dort ist zu lesen: „Während der langen Spielpause ist nach einer Anregung des Reichstrainers Toni Seiler das Hallenhockey zunächst von einigen Vereinen aufgegriffen worden. Da diese Vereine von den Spielen sehr begeistert waren, hat das Fachamt  (F.H. gemeint ist wohl Fachamt Berlin/Brandenburg) die Organisation der Spiele übernommen. Wir (VfL (Berlin) Weißensee) spielten mit einer Männer- und einer Frauenmannschaft. … Zu jeder Mannschaft gehören 7 Spieler und 3 Auswechselspieler (Sturm):“ (Der VfL Weißensee spielte gegen VfL 58, Argo, Astoria, NS Fr., TiB , Preußen , Falkensee bei den Männern sowie gegen   Berliner Turnerschaft, TiB, SCC, B.T. bei den Frauen.)

1909 bis Ende der 1940-er Jahre wurde Hallenhockey somit eher sehr sporadisch zur Überbrückung der Winterzeit gespielt. Die Spiele hatten den Charakter von Freundschaftsspielen.  

Erst in den 1950-er Jahren, wurde vereinzelt begonnen im Hallenhockey Punkt- und Meisterschaftsspiele  ausgetragen.

 Eine Pionierrolle hatte der Hockeysport in der DDR. Der DDR-Hockeyverband war weltweit der erste Verband der nationale Hallenhockeymeisterschaften durchführte. Diese waren schon für die Hallensaison 1949/50 in Leipzig geplant, wurden aber –so berichtet das Deutsche Sportecho am 27.1.1950- um ein Jahr verschoben. (Das Deutsche Sportecho war eine Sportzeitung in der DDR.) Die 1. DDR-Hallenhockeymeisterschaften für Damen, Herren, weiblichen und männlichen Jugendmannschaften fanden am 24. und 25. Februar 1951 vor 4000 Zuschauern in der Kongresshalle in Güstrow statt. Die Teilnehmer an diesen Meisterschaftsspielen wurden zuvor bei den  Landesmeisterschaften in den Ländern der DDR ermittelt. Im gleichen Winter wurden auch vom Österreichischen  Hockeyverband erstmals Landesmeisterschaften im Hallenhockey durchgeführt.

Der DHB spielte die erste Hallenhockeymeisterschaft für Damen und Herren erst 11 Jahre später in der Saison 1961/62 aus. Für die männliche und weibliche Jugend fanden die ersten Hallenhockeymeisterschaften des DHB gar erst in der Saison 1968/69 statt und für Knaben A und Mädchen A weitere zwei Jahre später in der Saison 1970/71. Im DHSV wurden Meisterschaften in der Altersklasse 14 erstmalig bereits in der Saison 1967/68 ausgetragen. Bis jeweils dahin wurde natürlich auch in der BRD in allen Altersklassen intensiv Hallenhockey gespielt, aber unverändert „nur“ mit Turnier- und Freundschaftsspielcharakter.  In Westberlin erwarb sich dabei der 1. Spandauer HC besondere Verdienste durch seine seit 1952 veranstalteten Hallenhockeyturniere. Auf Initiative von Heinz Lichtenfeld wurde in Westberlin seit 1956 das Internationale Hallenhockeyturnier zunächst für Herren- Städtemannschaften ausgetragen. (Quelle: Artikel „60 Jahre Berliner Hockey“ von Gustav Geiger, vermutlich aus dem Jahr 1958) (Heinz Lichterfeld war von 1947 bis 1950 Spartenleiter Hockey in Berlin und von 1956 bis 1966 Vorsitzender des BHV.)

Der Welthockeyverband FIH trug der zunehmenden Bedeutung des Hallenhockeyspiels Rechnung und gründete 1952 das FIH Hallenkomitee. Die Gründung dieses FIH Indoor Hockey Commitee wurde maßgeblich initiiert durch die Hockeyverbände Dänemarks, Österreichs und der BRD. Deutsche Vertreter in den Anfangsjahren waren Paul Reinberg (1. Präsident des DHB nach der Wiedergründung des DHB 1949),  Heinz Lichtenfeld aus Berlin und später von 1966 bis 1970 auch der Leipziger Hans Schmidt für den DHSV. 

Zur Geschichte der Hallenhockeyregeln

1941 gab die DHZ (Deutsche Hockey Zeitung) erste Regeln für Hallenhockey bekannt:„ eine Mannschaft besteht aus dem TW und vier Feldspielern, der Ball darf nur geschoben werden, kann aber im Schusskreis auf das Tor geschlenzt werden …Abseits ist der Spieler, der ohne Ball im gegnerischen Schusskreis steht, Bälle die ins Seitenaus rollen, werden eingerollt.“ so gelesen in der Chronik von Argo 04 Berlin zum 100- jährigen Hockeyjubiläum.

Es gab also noch keine Banden. Bei Seitenaus wurde der Ball mit der Hand in das Spielfeld „eingerollt“; … und es gab das Abseits im Hallenhockey. 

Die erste Aufgabe des o. g. 1952 gegründeten FIH Hallenkomitee bestand darin, die Hallenhockeyregeln zu vereinheitlichen. Elizabeth Tummers (damalige Administration Managerin der FIH) resümiert dazu in einem 1985 von der FIH herausgegebenem Beitrag  über „die Geschichte des Hallenhockeys“, dass die zugrunde liegenden Regeln auf Regeln basieren, die in Berlin, Hamburg und Wien zur Anwendung kamen und Hallenmaße des Handballs anwendeten. Trummers stellt fest, dass das erste Buch mit Hallenhockeyregeln in Deutschland in der Wintersaison 1952-53 hergestellt und ins Englische und Französische übersetzt wurde. Dieses Regelwerk wurde von der FIH als verbindlich erklärt. Das erste durch die FIH erarbeitete offizielle Hallenhockeyregelbuch erschien allerdings erst 14 Jahre später zur  Hallensaison 1966/67.

Auch der Regelausschuss der Hockeysparte des Deutschen Sportausschusses in der DDR befasste sich seit 1950 mit der Ausarbeitung von Hallenhockeyregeln (lt. Deutschem Sportecho vom 27.1.1950).

Die Regelpraxis war in den Anfangsjahren des „modernen Hallenhockeys“, vor allen Dingen in den frühen 1950-er Jahren, von örtlichen Gegebenheiten vorgegeben. In der schon zitierten Broschüre „Hockey in Deutschland 1909-1984“ ist zu lesen: „So war in Hamburg ein Schusskreis von 6 Metern, in Münster hingegen ein Sieben-Meter Kreis vorgeschrieben. Hier wie dort spielte man auf Feldhockeytore, in Wiesbaden hingegen auf ein Eishockey-Gehäuse. Während in Hamburg eine Bandenhöhe von 30 cm als angemessen galt, wurde in Münster eine 1,50 Meter hohe Bande angebracht. „Bedingtes“ Heben des Balles war bis ca. 25 cm Höhe  auch im Kombinationsspiel zwischen den Schusskreisen erlaubt. … Selbst  hinter dem Tor wurde –nach Art des Eishockeys- hier und da munter weiter gespielt. In Bremen mussten die Schiedsrichter, wenn der Ball über  die Bande gesprungen war, „im rechten Winkel zur Bande“ das Einrollen (per Hand) besorgen. … Die Spielfeldmaße variierten stark, man passte sich den örtlichen Gegebenheiten an. Gespielt wurde zudem auf Tennisasche, Zement, Beton und Holzböden“.

In den Regeln der ersten DDR-Hallenhockeymeisterschaft 1951 in Güstrow ist u. a. formuliert: „ Eine Mannschaft besteht aus 7 Spielern, … Die Spielzeit beträgt für Männer und Frauen 2*7,5 Minuten , für … Jugend 2*6 Minuten, … Das Spielfeld hat ein Größe von 60*30 m, … Torraum 12 m parallel zur Torlinie vor jedem Tor. Aus diesem Raum kann von jeder beliebigen Stelle ein Tor erzielt werden. … Abseits entfällt.“ Gespielt wurde noch ohne Seitenbande. Die gab es erst drei Jahre später bei der 4. DDR-Hallenhockeymeisterschaft am 20. und 21. Februar in der nicht geheizten eiskalten Messehalle in Leipzig.

… und hier einige Fotos aus früheren Hallenhockeyjahren:

 

Frank Haustein

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